E. Mahlich: Ägyptische Wörter und Namen in altorientalischen Sprachen

Cover
Titel
Ägyptische Wörter und Namen in altorientalischen Sprachen.


Autor(en)
Mahlich, Elena
Reihe
Alter Orient und Altes Testament (449)
Erschienen
Münster 2022: Ugarit-Verlag
Anzahl Seiten
749 S.
Preis
€ 178,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Stefan Bojowald, Abteilung für Ägyptologie, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Die hier zu besprechende Publikation basiert auf der Dissertation von Elena Mahlich, die 2021 von der Fakultät für Geschichte, Kunst- und Regionalwissenschaften der Universität Leipzig angenommen wurde. Das Thema der Arbeit ist die Wiedergabe von ägyptischen Namen und Wörtern in altorientalischen Sprachen. Das Buch ist folgendermaßen gegliedert:

In der Einleitung werden der Rahmen der Untersuchung abgesteckt und einige wesentliche Voraussetzungen geklärt. Das ägyptische Sprachgut drang erst ab dem Neuen Reich in altorientalische Sprachen ein (S. 1). So stammen nach der Autorin die ersten sicher datierbaren Belege für die keilschriftliche Umschreibung von ägyptischen Namen und Wörtern aus Tall Taʿyīnāt und können in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts v.Chr. datiert werden (S. 1). In Kapitel zwei wird die Forschungsgeschichte rekapituliert. Die Beschäftigung mit ägyptischen Wörtern und Namen in altorientalischen Sprachen geht bis ans Ende des 19. Jahrhunderts zurück (S. 5). In Kapitel drei werden die Quellengrundlagen erläutert. Das Korpus der Amarnabriefe stellt die wichtigste Quelle des 2. Jahrtausends v.Chr. für die keilschriftliche Wiedergabe ägyptischer Namen und Worte dar (S. 15) und die privaten Dokumente aus Assyrien und Babylonien des 1. Jahrtausends bieten das reichste keilschriftliche Material für Ägypten (S. 18).

Den Hauptteil der Arbeit macht der Katalog der ägyptischen Namen und Wörter in altorientalischen Sprachen aus. Mahlich beginnt mit den identifizierten ägyptischen Namen und Wörtern. Die Einträge werden den einzelnen Sprachen zugeordnet, kurz erklärt und mit Angaben zu Belegstellen und Datierung versehen. Die Reihenfolge orientiert sich an einem alphabetischen Schema. Der Katalog ist klar und übersichtlich aufgebaut. Die folgenden Punkte seien kritisch angemerkt. Die hypochoristische Deutung des Männernamens (!) „Ešâ“ mit der Göttin „3ś.t“ (S. 23) bleibt zweifelhaft. Der Verweis auf das Vorkommen des ägyptischen Namens „Ipi“ in Satznahmen bei der Interpretation des akkadischen Namens „Apa“ als Kurzform (S. 28) sagt nicht viel aus. Die Erklärung des Namens „Paširi“ mit „P3-n-Wśir“ (S. 58) ist nicht zwingend, in Frage käme auch „P3-šri“ „Der Sohn von Gott X“. Die Erklärung des Namens „Puṭibikišu“ durch „P3-di-śbk“ (S. 86) ist wohl abzulehnen, die Metathese ist ansonsten nicht belegt. Die angebliche Rolle von Psammetich I. als Begründer der 25. Dynastie (S. 91) beruht wohl auf einem Lapsus. Der König ging vielmehr als Gründer der 26. Dynastie in die Geschichte ein. Die Begriffswahl „Nisbenbildung“ für das Wort „pḥ.ti“ „Stärke“ (S. 97) ist terminologisch unscharf. Die Erklärung des Namens „Ḫaquneše“ als „Ḥḳ3-nʿš“ „Herrscher ist laut“ (S. 147) scheidet wohl aus semantischen Gründen aus. Die Übersetzung „Herrscher ist stark“ führt zu einem besseren Resultat. Die Gleichung des akkadischen „pūṭa“ mit dem Land Punt (S. 200) hat als linguistisch bedenklich zu gelten. Die Untersuchung greift als nächstes auf die nicht identifizierten ägyptischen Namen und Wörter auf. Das grundsätzliche Modell wird beibehalten. Die in der Vergangenheit irrtümlich als ägyptisch deklarierten Namen und Wörter schließen sich als nächstes an. In der Mehrheit wendet sich Mahlich dabei plausibel gegen einen ägyptischen Ursprung der fraglichen Begriffe.

In Kapitel fünf wird der Kontext von ägyptischen Namen und Wörtern in altorientalischen Sprachen systematisch analysiert. Das Vorkommen von Ägyptern in neuassyrischen, neubabylonischen und achämenidischen Texten wird Stadt für Stadt erörtert. Die ägyptischen Toponyme in altorientalischen Sprachen werden der Reihe nach abgehandelt. Auch hierzu seien einige Einzelbemerkungen erlaubt: Der in der Korrespondenz von Tall Taʿyīnāt erwähnte Amanḫatpa ist wohl nicht als Name eines Königs, sondern eines Funktionärs zu bestimmen (S. 417). Die Identität des in EA 47 genanten Ḫania mit dem gleichnamigen Abgesandten in der zeitgenössischen ägyptischen Korrespondenz muss offen bleiben (S. 422). Die beiden bisher nicht datierbaren Briefe EA 207 und EA 208 gehören wohl in die Regierungszeit von Amenophis IV. (S. 424). Die Erklärung der Zunahme des Lexems „ṯnr“ „stark, tüchtig“ in ramessidischer Zeit mit hethitischem Einfluss (S. 435) ist fragwürdig.

Die folgenden Einzelbeobachtungen Mahlichs verdienen gezielt hervorgehoben zu werden: In mesopotamischen Königsinschriften kommen ägyptische Personennamen ausschließlich im 1. Jahrtausend v.Chr. vor (S. 443). Die ergiebigsten Quellen für die Tradierung ägyptischer Personennamen in neuassyrischen Monumentalinschriften sind unter Assurbanipal zu finden (S. 446). Die meisten Personennamen in altorientalischen administrativen Textzeugnissen wurden von ägyptischen Immigranten oder Leuten mit ägyptischem Migrationshintergrund getragen (S. 455). Der „Amanmaššu“ aus einer ugaritischen Urkunde des frühen 14. Jahrhunderts v.Chr. kann zu den frühesten Belegen für die Wiedergabe ägyptischer Personennamen in altorientalischen Sprachen gerechnet werden (S. 461). Der Ägypter „Puḫuru“ in einem assyrischen Text aus Nimrud des 8. Jahrhunderts v.Chr. stellt einen der ersten greifbaren ägyptischen Migranten im Zweistromland dar (S. 480). Die Ägypter in den Texten des É.Babbar-Tempelarchivs aus Sippar setzen sich wohl aus Kriegsgefangenen zusammen (S. 488). Das größte Korpus von ägyptischen Personennamen aus achämenidischer Zeit ist in der Stadt Nippur zu beobachten (S. 492). Der angebliche Fachkräftemangel in Ägypten aufgrund der Entsendung von Handwerkern nach Persien (S. 508) muss in das Reich der Spekulation verwiesen werden. Die Praxis der Satznamen spiegelt bei der Namengebung ähnliche Traditionen in Ägypten und dem Vorderen Orient wider (S. 544). In keilschriftlicher Überlieferung liegen fast dreihundert ägyptische Anthroponyme aus zwei Jahrtausenden vor, zu denen elf Namen aus keilalphabetischen Texten aus Ugarit hinzukommen (S. 546). Die chronologisch früheste keilschriftliche Umschreibung eines ägyptischen Toponyms in der neuassyrischen Epoche wird durch „Uriṣṣu“ unter Sargon II. repräsentiert (S. 553).

In Kapitel sechs wird die sprachwissenschaftliche Analyse vorgenommen. Die Wiedergabe der Laute bei der Reproduktion der ägyptischen Phoneme in den unterschiedlichen altorientalischen Sprachen und Schriftsystemen zeigt kaum wesentliche Unterschiede (S. 642). Die Phoneme „3“, „i“ „ꜥ“ und „w“ werden zum Beispiel zumeist einheitlich vokalisch wiedergegeben. (S. 642). Die ägyptischen Phoneme „h“, „ḥ“, „ḫ“ und „ẖ“ fallen in der klassischen Keilschrift in „ḫ“ zusammen (S. 643).

In Kapitel sieben wird ein Resümee gezogen. Die ägyptischen Königstitel wurden meist phonetisch wiedergegeben, was Mahlich durchaus plausibel auf mangelnde Sprachkenntnisse des ausländischen Zielpublikums zurückführt (S. 648). Die meisten Ägypter lebten im neuassyrischen Reich, während im neubabylonischen Reich ein Rückgang festzustellen ist (S. 652). Die Deutung lässt sich statistisch durchaus absichern. Die Bibliografie (S. 657–716) verteilt sich auf die nächsten Seiten. Im Anhang (S. 717–721) werden Tabellen mit dem Lautbestand der unterschiedlichen Sprachen abgedruckt. Am Ende des Buches stehen ausführliche Indices (S. 723–749).

Der Eindruck des Buches fällt weitgehend positiv aus. Die Aufgabe wird in der Mehrheit der Fälle souverän gelöst. Der Rezensent hätte sich allerdings bei manchen philologischen Problemen eine etwas tiefer gehende Diskussion gewünscht. Die Deutungsvorschläge wirken darüber hinaus nicht alle gleich überzeugend, da sie zum Teil zu sehr auf der subjektiven Meinung der Autorin beruhen. Die Lektüre lässt sich alles in allem durchaus empfehlen. Die zukünftige Forschung kann von diesem Buch profitieren.

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